Letzte Aktualisierung: 21.08.2013

Umwelt- und sozialverträgliche Mobilität:     Quote der regelmäßigen ÖPNV-Nutzer

(ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr)
Erfasst werden hier die Abo-Kunden/-Kundinnen der Dortmunder Verkehrsbetriebe DSW21 in Prozent der Wohnbevölkerung.

Zielbezug:

(Räumliche) Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung zur Teilhabe der Menschen am allgemeinen Leben in einer Stadt und zur Pflege der sozialen Bezüge. Der ÖPNV gehört neben der Nutzung eines Fahrrads und dem Gehen zu Fuss zu den (eher) umweltfreundlichen Mitteln, sich innerhalb der Stadt (und darüber hinaus) zu bewegen.

Eine hohe Abonnentenquote unter den Fahrgästen eines öffentlichen Verkehrsbetriebs spricht für eine hohe Kundenbindung. Hierfür kann neben einer hohen Angebotsqualität auch eine den Einkommensverhältnissen der Menschen angepasste Tarifpolitik des Unternehmens ursächlich sein.


Zielwert:

keiner bekannt


Wechselwirkungen/Zielkonflikte zu anderen Indikatoren

Wechselwirkungen insbesondere hinsichtlich Einkommensarmut, Flächenverbrauch/Freiraum­schutz, Co2-Emissionen, PKW-Besatz und Verkehrsunfälle.

Ein Zielkonflikt kann sich ergeben hinsichtlich des Indikators Fahrradverkehr.



Vergleichsstädte

Bremen wurde als Vergleichsstadt herangezogen, weil sie von der Größenordnung und Struktur her mit Dortmund einigermaßen vergleichbar ist. Außerdem die  - wesentlich kleinere Stadt - Münster in Westfalen, weil sie in Sachen Verkehrspolitik allgemein als vorbildlich gilt.

Die (Wohn-) Bevölkerung der Stadt Bremen betrug Ende 2011 548.319 Einwohner, die Münsters 291.754 Einwohner, also etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung Dortmunds.



Definition Messgrößen:

Kunden und Kundinnen mit Jahres-Abo am Ende des jeweiligen Kalenderjahres, bezogen auf je 100 Einwohner (ohne Semestertickets).


Datenquellen

a. zu Dortmund:

Einwohnerzahlen Dortmund (Wohnbevölkerung) ab 1990 nach: Amt für Statistik und Wahlen der Stadt Dortmund, aktuelle Schnellübersicht 'Bevölkerung nach Geschlecht' (August 2012) im Dort­munder Stadtportal dortmund.de

Abokunden laut Angaben der DSW 21 (schriftl. Auskunft vom 2.6.2009, ab 2009: DSW-Verkehrsbilanzen); Zahlen für 1990 und 1996 aus den DSW-Geschäftsberichten 1990 und 1996; Zahl für 2009 von den DSW21 vermutlich gerundet

b. zur Vergleichsstadt Münster:

Einwohnerzahlen Münster (Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung) aus: Stadt Münster, 'Jahresstatistik 2011 – Bevölkerung', S. 10  (identisch mit den Zahlen der Regionaldatenbank)

Abokunden laut Angaben der Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Münster GmbH (schriftliche Auskunft v. 28.5.2009 und v. 19.10.2012)

c. zur Vergleichsstadt Bremen

Einwohnerzahlen Stadt Bremen ab 1995 aus: Regionaldatenbank des Statist. Bundesamts (Januar 2013)

Abokunden der Bremer Straßenbahn AG laut Angaben des Verkehrsverbunds VBN (schriftliche Auskunft v. 10. Juni 2009 und v. 12.11.2012). Hier sind die normalen JahresTicket-Inhaber und die Inhaber eines JobTickets (Gültigkeitszeitraum: 1 Jahr) zusammengefasst.


Stichtag und Erhebungsintervalle

Stichtag für Einwohner- und Abonnentenzahlen jeweils der 31.12. d. Jahres. Die Quote ist 1x jährlich zu ermitteln, wegen der Zugänglichkeit der Daten etwa gegen Mitte des Folgejahres.



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Bemerkungen

Die Datenlage ist eher nicht gut. Alle 3 Verkehrsbetriebe verzichten – aus uns nicht nachvollzieh­baren Gründen - bisher auf eine Veröffentlichung ihrer Abonnentenzahlen. Andererseits sind sie zu diesbezüglichen Auskünften gerne bereit.

Die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Münster wählen als Stichtag für ihre interne Abonnenten-Statistik nicht den 31.12. des jeweiligen Jahres, sondern den Wert des nach nach ihren Erfahrungen verbrauchstypischen Monats Mai. Diese Einschränkung tut der Vergleichbarkeit der Daten keinen nennenswerten Einbruch.


Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden in dieser Tabelle für die Vergleichsstädte Bremen und Münster nur die errechneten (prozentualen) Quoten wiedergegeben.

a   Angabe Abonnenten Dortmund für 1996

b   Zum 1. Feb. 2008 in Dortmund Einführung eines stark rabattierten Sozialtickets für einkommensschwache Bürger und Bürgerinnen

c   Das stark rabattierte Sozialticket wird in Dortmund zum 1.2.2010 wieder abgeschafft. Im gleichen Jahr startet Bremen sein Angebot „StadtTicket“ (allerdings nicht als Abo). Münster zieht im September 2010 mit dem „Münster-Pass“ nach (auf Abo-Basis).

*  Münster wählt als Stichtag nicht den 31.12., sondern den nach Eigenangaben verbrauchstypischen Wert des Monats Mai

Beschreibung und Interpretation

Die Tabelle lässt beträchtliche Unterschiede in der ÖPNV-Nutzung und -beanspruchung erkennen. Während in Dortmund heute rechnerisch jeder Fünfte im Besitz einer Dauerkarte ist, sind es in Münster und Bremen nicht mal Zehn von Hundert. Der Befund für die Stadt Bremen ist umso erstaunlicher, als im Jahr 2000, dem ersten Jahr, zu dem uns aus Bremen Daten vorliegen, der Abstand weniger als 3 Prozentpunkte betrug (heute: rd. 10 Prozentpunkte!).

Aber auch die Werte für Münster sind – für eine angeblich fahrrad- und ÖPNV-freundliche Stadt – auf den ersten Blick erstaunlich schlecht, um zuletzt mehr als 10 Punkte niedriger als die von Dortmund. Gerade mit Blick auf Münster ist aber noch einmal zu betonen, dass Studenten und deren Semestertickets bei den Abo-Kunden nicht mit einbezogen wurden.

Der Zeitverlauf offenbart noch einen weiteren wichtigen Befund: Während die Werte für Bremen  trotz bis heute leicht ansteigender Bevölkerung mehr oder weniger vor sich hindümpeln (Münster ähnlich, aber, mit kurzer Unterbrechung in 2010, mit kontinuierlich steigenden Anteilen), hat der Zuspruch in Dortmund im Zeitraum 2000-2008, und auch in den Jahren zuvor, rasant zugenommen. Ab 2009 sind die Werte für Dortmund – absolut wie relativ - jedoch wieder etwas gefallen, auf zuletzt 19,8 Prozent.

Wenn wir die jüngste Entwicklung erst mal außen vor lassen, so ist es offenbar den hiesigen Verkehrsbetrieben der Stadtwerke wesentlich besser gelungen, die KundInnen fester an sich zu binden als der Konkurrenz an Weser und Aa. Wie schon oben erwähnt, kann hierfür eine hohe Angebotsqualität oder auch eine den Einkommensverhältnissen der Menschen angepasste Tarifpolitik des Unternehmens ursächlich sein. Weitere Einflussfaktoren wären die Siedlungsdichte und Siedlungsstruktur, die Sozialstruktur sowie die jeweilige Situation der anderen, konkurrierenden Verkehrsmittel. Denkbar wäre auch noch eine gezielte Verkaufsstrategie des Unternehmens.

Nicht alles lässt sich ohne weitere Ortskenntnisse aus den Zahlen herauslesen. Aber der Erfolg der DSW21 kennt schon – trotz der für AutofahrerInnen in Dortmund immer noch blendenden Situation – einige klare Väter oder Mütter. Ein Faktor sind die zu Beginn  des Jahres 1991 eingeführten und seither offensiv beworbenen VRR-Umwelttickets; deshalb war es wichtig, zum besseren Vergleich auch für die Zeit davor noch eine Abonnentenzahl zu finden. Das Ticket2000 wurde in den Folge­jahren seitens des Verkehrsverbunds VRR um immer weitere Varianten mit und ohne Zielgruppen­bezug ergänzt, der Anteil der Abonnenten am Absatz von Monatskarten zugleich auf über 80 Prozent getrieben. Zuletzt, im Jahr 2011, betrug der Anteil der Fahrgäste mit Bartickets am Gesamt-Fahrgastaufkommen in Dortmund gerade mal noch 6,3 Prozent![1]

Einen beträchtlichen Einfluss auf die Entwicklung der Abo-Zahlen üben offensichtlich die jeweiligen Tarifangebote für einkommensschwache Haushalte (Sozialtickets) und deren konkrete Ausgestaltung aus. In Dortmund stieß das von der Kommune veranlasste, auch gegen Widerstände bei den Verkehrsbetrieben durchgesetzte spezielle Abo-Angebot von Beginn an (2008) großen Anklang. Zum Leidwesen der Betroffenen wurde es Anfang 2010 wieder eingestellt (bzw. durch eine „light-Version“ ersetzt); zuletzt waren knapp 25.000 DortmunderInnen mit einem solchen Ticket unterwegs. Der besonders günstige Tarif dieses Angebots (15 €/Monat) war – das räumen heute auch die Stadtwerke ein - zum großen Teil für den außergewöhnlichen Sprung bei der Abonnentenquote zwischen 2007 und 2008 (plus 2,9 Prozentpunkte!) verantwortlich.

In der Stadt Bremen gibt es seit Anfang 2010 ein ähnliches Angebot, allerdings – im Gegensatz zu Dortmund – nicht in Form eines Abos, sondern in Form von ermäßigten Monatskarten. Dies dürfte erklären, wieso die Abo-Zahlen in Bremen seit der Jahreswende 2009/2010 leicht rückläufig sind. Denn: Zwei Drittel der heutigen „StadtTicket“-NutzerInnen waren bereits vorher im Besitz einer (regulären) Monatskarte oder gar eines Abos.[2] Münster schließlich hat für Einkommensschwache ab September 2010 ermäßigte Abos aufgelegt („Münster-Pass“). Auch das findet seinen Niederschlag in den Abo-Zahlen. Für 2012 wurden für Münster erstmals über 30.000 Abonnenten (!) gemeldet.[3]

In Bremen und Münster werden viele Wege per Fahrrad erledigt, jedenfalls mehr als in Dortmund. Das kann ein wichtiger Grund für den beträchtlichen Niveau-Unterschied gegenüber Dortmund in der ÖPNV-Beanspruchung sein. An den Preisen jedenfalls kann es nicht liegen, soviel ist gewiss. Weitere Einflussfaktoren und Gründe für die Daten aus den Vergleichsstädten – etwa Unterschiede in den Verkaufsstrategien - lassen sich „aus der Ferne“ jedoch nicht mit Bestimmtheit ausmachen.

Eines ist jedoch wohl unstrittig: Der Dortmunder ÖPNV ist mit einer Festkundenquote von knapp 20 Prozent – auch nach Abschaffung des kommunalen Sozialtickets - immer noch recht gut aufgestellt.

 


[1] Ausführlicher zu diesen Entwicklungen s. den Aufsatz von Ulrich Häpke und Heiko Holtgrave, beide Akoplan, unter dem Titel  „Die neue Stadtbahn: Zum Wohle der City und der Automobilisten“, in: H. Bömer  et al. (Hg.), Stadtentwicklung in Dortmund seit 1945, Bd. 135 der Schriftenreihe 'Dortmunder Beiträge zur Raumplanung' (Dortmund 2010), S. 179ff

[2] nach: Niederschrift der Sitzung der Stadtbürgerschaft am 13.12.2011, S. 206

[3] Quelle: Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Münster (schriftliche Auskunft v. 19.10.2012)

 

 


Handlungsbedarf zur Zielerreichung

Wo keine Zielwerte vorgeben sind, ist aus Daten wie den obigen auch kein unmittelbarer Hand­lungsbedarf abzuleiten. Leider mochte sich die Stadt Dortmund aus schwer nachvollziehbaren Gründen auch im Zuge der jüngsten Aufstellung eines 'Masterplans Mobilität' nicht auf quantitative Zielgrößen für die verschiedenen Verkehrsmittel einlassen.[1]

Mit Beginn des Jahres 2013 wird es auch in Dortmund wieder ein Sozialticket-Angebot geben. Wegen des deutlich höheren Abgabepreises (knapp 30 €) wird es jedoch vermutlich nicht annähernd an den Erfolg des alten Sozialtickets anknüpfen könn



[1] vgl. Planungsamt der Stadt Dortmund: Masterplan Mobilität Dortmund 2004, gedruckte Fassung von 6/04, S. 50ff


bearbeitet von:

AKOPLAN – Institut für soziale und ökologische Planung e.V., Dortmund
Dipl.-Ing. Heiko Holtgrave,

mailto: info@akoplan.de, Tel. 0231/33 67 173

Stand: 28.1.2013  



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